Information ist nach Kapital und Arbeit die dritte Säule, die eine behördliche Verwaltung benötigt, um effektiv und leistungsorientiert den Bürgern/innen der Stadt bei ihren Anliegen zu helfen. Die Information steckt in den Köpfen der Mitarbeiter genauso, wie in den Akten der Behörde. Informationsmanagement hat das Ziel, diese Informationen zu bündeln und nach Möglichkeit schnell und effektiv den Mitarbeitern/innen zur Verfügung zu stellen, um eine qualitativ hochwertige Bearbeitung aller Geschäftsgänge zu erfüllen. Diese abstrakte Bestrebung als Idealvorstellung ist natürlich nur sehr schwer zu erreichen. Jede Kommune muss daher entscheiden, mit welchen Investitionen in IT-Infrastruktur, Hard- und Software sie dem Ziel möglichst nahe kommen möchte bzw. ihre eigenen Anforderungen definieren und versuchen, diese umzusetzen. Spätestens seit dem Erlass des Onlinezugangsgesetzes, welches Bund, Länder und Kommunen dazu verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2022 alle Verwaltungsleistungen über Online-Verwaltungsportale anzubieten, ist man aktiv zum Handeln gezwungen. Zum digitalen Handeln!

Auch die Stadt Aschaffenburg stellt sich der digitalen Herausforderung und hat mit der Entscheidung für die Einführung der E-Akte und eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) klar die Weichen auf das Büro 2.0 gestellt. Doch es ist eben nicht nur damit getan, sich bewusst für diese neue IT-Anwendungen zu entscheiden, sondern diese müssen auch aktiv in der städtischen Verwaltung eingeführt und gelebt werden. Um dies zur realisieren hat die Stadtverwaltung ein Konzept entwickelt, dass nicht nur eine strategische Projektentwicklung vorsieht, sondern auch die bewusste Entscheidung zur Schaffung von zwei neuen Plan-Stellen, deren konkrete Aufgabe es ist, das Fundament und die strategische Umsetzung dieser digitalen Herausforderung anzugehen. Neben einer neuen E-Government Stelle, die in der IT der Verwaltung angesiedelt ist und dort für die technische Umsetzung und Betreuung der neuen Systeme verantwortlich sein wird, wurde eine Stelle ins Leben gerufen, die bewusst im Stadt- und Stiftsarchiv – und somit im Gedächtnis der Stadt – angesiedelt wurde. Voranalysen verdeutlichten der damit beauftragen Projektgruppe den Erfolgsfaktor Archiv und welchen Stellenwert das Fachwissen der Archivare für eine DMS-Einführung haben kann. Denn eine stabile Ordnungsstruktur, ein führendes Ablagesystem für die gesamte Verwaltung, in dem sämtliche Dokumente abgelegt werden können und das für alle Mitarbeiter/innen einheitlich und verbindlich ist, ist die Basis jedweder digitalen Ablagestruktur.

Somit wird das Archiv zum Dienstleister der Verwaltung im Bereich der Schriftgutverwaltung. Demnach wurde im Stadt- und Stiftsarchiv die neue Stelle eines Archivars für Informationsmanagement geschaffen, deren Kernaufgabe es ist, die Schriftgutverwaltung der Stadtverwaltung Aschaffenburg derart zu optimieren, um eine solide Basis für die erfolgreiche Einführung eines DMS zu schaffen. Hierzu gehören in erster Linie die Erstellung einheitlicher Aktenpläne und einer verbindlichen Schriftgutordnung, die neben der analogen auch die digitale Aktenwelt widerspiegelt und regelt. Zusätzlich übernimmt das Archiv die Verantwortung der Festlegung der Aufbewahrungsfristen und damit in letzter Konsequenz für die zukünftige Datensparsamkeit. Gerade hier kann das Stadt- und Stiftsarchiv ein wichtiger Impulsgeber sein. Aber nicht nur am Beginn der digitalen Reise steht das Stadt- und Stiftsarchiv, sondern auch am Ende des Lebenszyklus einer Akte. Denn es ist diejenige Instanz, die nach der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist darüber entscheidet, ob die analoge oder E-Akte kassiert wird, oder in das dauerhafte Gedächtnis der Stadt – aus dem DMS ins Archiv – überführt wird. Somit kommt dem Stadt- und Stiftsarchiv eine zentrale Rolle bei der Einführung und Nutzung eines zukunftsorientierten Dokumenten-Managements-Systems zu. Gleichzeitig verdeutlicht die Stelle des Informationsmanagements sowohl ein neues Verhältnis zwischen Rathaus und Stadt- und Stiftsarchiv, als auch den Wandel des Berufsbildes eines Archivars. Im Gegensatz zu seinen Kollegen „verwaltet“ der neue Kollege keinerlei physischen Bestand mehr und ist mit einem gänzlich neuen Aufgabenfeld betraut. Er tauscht somit das bisherige Handwerkzeug eines Archivars gegen einen Laptop. Archivar/in 2.0?

Text: Johannes Schuck, Stadt- und Stiftsarchiv