Zufälligerweise fiel mir im Main-Echo ein Artikel über die neu geschaffene Bundesfreiwilligenstelle im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg ins Auge. Als ich am nächsten Tag dort anrief, meldete sich der Archivleiter Dr. Joachim Kemper. Nach einem ersten kurzen Austausch wurde ein persönlicher Termin für den darauffolgenden Tag vereinbart. Dort lernte ich dann die Örtlichkeiten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und meine zukünftigen Aufgaben im Archiv kennen und sagte schließlich zu.
Und was macht man nun ein Jahr lang in einem Stadtarchiv?
Diese Frage wurde mir häufig von Gleichaltrigen gestellt, da viele den Eindruck hatten, die Arbeit im Archiv sei langweilig und angestaubt. Allerdings ist es nicht ganz so leicht, auf diese Frage eine knappe und überzeugende Antwort zu finden, denn meine Tätigkeit hier im Archiv ist um einiges facettenreicher und vielschichtiger, als sie vielleicht für den ein oder anderen auf den ersten Blick scheint. Bereits in meinen ersten Tagen lernte ich das umfangreiche Aufgabenspektrum der Kolleginnen und Kollegen kennen, wobei mich Herr Johannes Schuck als mein Betreuer in das Archivleben einführte.
Die vier Kernaufgaben eines Archivs bestehen in der Übernahme, der Aufbewahrung, der Sicherung und zuletzt der Nutzbarbarmachung der Archivalien für die Öffentlichkeit.
Herr Matthias Klotz, mit dem ich mir ein Jahr lang ein Büro teilte und dessen Bereich unter die Familienforschung und die Bearbeitung von Nachlässen fällt, gab mir einen Einblick in die Akten und Amtsbücher, wie zum Beispiel die Einwohnermeldekartei oder die Standesamtsregister. Besonders beeindruckt hat mich sein umfangreiches und überaus fundiertes Wissen, das – so wie es mir scheint – von allen Seiten sehr geschätzt wird.
Frau Stephanie Goethals, zuständig für die Aktenbestände des 19. und 20. Jahrhunderts, nahm mich einige Male mit, um Akten aus Ämtern abzuholen, wie zum Beispiel zur Musikschule, zum Bürgerservicebüro oder zur Freiwilligen Feuerwehr. Alles in allem ein sehr spannender Einblick, den ich dank Frau Goethals erhielt.
Von Frau Heike Görgen wird unter anderem die Zeitungssammlung (1802 bis heute) betreut, darunter fällt auch die Zeitungsausschnittsammlung, die permanent durch die tägliche Auswertung der Tageszeitung Main-Echo erweitert wird. Bei dieser Arbeit assistierte ich Frau Görgen und bereitete die nach regionalen und lokalen Themen ausgewählten Zeitungsartikel für die weitere Verwendung und Ablage mit vor.
Außerdem unterstützte ich Frau Marita Mischon, die im Geschäftszimmer des Geschichts- und Kunstvereins ansässig ist, der hier auch im Stadtarchiv verortet ist, bei der Verwaltung des Amtes.
Eine neu geschaffene Stelle, genannt „Archivar/ in für Informationsmanagement“, wird seit 2019 von Herrn Johannes Schuck besetzt. Aufgabe dieser Stelle ist es, die anderen Ämter bei der Einführung des Bayerischen Einheitsaktenplans (kurz: EAPl) und schließlich auch bei der der E-Akte zu unterstützen. Aufgrund des dadurch zustande kommenden näheren Kontaktes zu anderen Ämtern ergeben sich viele auswärtige Termine, zu denen er mich regelmäßig mitnahm, beispielweise zum Tiefbauamt oder zum Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz. Um alle 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuell zum Thema zu schulen, wurde ein Coaching-Tool entwickelt, an dessen Mitarbeit auch ich beteiligt war. Das Coaching-Tool besteht aus einem E-Learning-Programm, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Computer durchlaufen konnten. Zudem fanden in regelmäßigen Abständen thematische Workshops mit einer externen Firma statt, die zum Ziel hatten, einen Einblick in den Aktenplan und die Schriftgutverwaltung zu geben.
Des Weiteren habe ich den Aufgaben- und Arbeitsbereich der Amtsleitung kennengelernt:
Mein Chef, Herr Dr. Joachim Kemper beteiligte mich auch an der Öffentlichkeitsarbeit, wie dem Verfassen von neuen Blogbeiträgen für die Homepage oder dem Erstellen und Verschicken des Newsletters sowie zu Ausstellungszeiten an Führungen für Kinder. Außerdem band er mich in die Ausarbeitung des neuen Audioguides ein.
Zu meinen absoluten Highlights gehörte definitiv die Reise nach Berlin zur 5. Konferenz „Offene Archive“, die im November 2019 beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen stattfand. Hochkarätige Keynotes, spannende Kurzvorträge sowie eine Podiumsdiskussion zur Archiv-, Netz- und Kulturpolitik waren Teil des Programms.
Außerdem lässt sich an dieser Stelle noch der Besuch des Instituts für Stadtgeschichte Frankfurt nennen. Dort bekam ich die Gelegenheit, bei einem Workshop für Kinder zu hospitieren. Ein sehr spannender Tag in einem meiner Meinung nach ganz anderen Archiv.
Es ist schön zu sehen, wieviel Wert – dem Geist der Zeit entsprechend – auf digitale Angebote und Social Media, sprich Facebook, Instagram, Twitter und Co., gelegt wird. An Ausstellungen, wie zum Beispiel „Holz macht Sachen“, die von November bis Februar hier im Stadt- und Stiftsarchiv verortet war, beteiligte sich das Archiv immer gerne.
Alles in allem bin ich sehr froh darüber, ein Jahr lang die Gelegenheit bekommen zu haben, erste Einblicke in die archivarische Tätigkeit, die doch so facettenreich ist, zu erlangen und bedanke mich dafür, so herzlich hier in das Team des Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg aufgenommen worden zu sein – eine Erfahrung, die ich nur Jedem ans Herz legen kann, der die Gelegenheit dazu und zudem Interesse an der (eigenen) (Stadt-)Geschichte hat.
Hannah Bartel
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