Am 1. November 2020 hat im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg ein Projekt zur Erschließung des Bestands „Stadtarchiv Mainzer Zeit (SMZ)“ begonnen. Wir haben mit dem Bearbeiter Michael Schlachter ein kurzes Interview geführt. Das Projekt der Erschließung wird vom Bezirk Unterfranken gefördert.
Justyna Baumgart: Guten Tag Herr Schlachter sie arbeiten seit kurzer Zeit im Stadt- und Stiftarchiv Aschaffenburg an einem neuen Projekt, richtig?
Michael Schlachter: Genau, das Projekt betrifft die Erfassung und Inventarisierung des Stadtarchivs der Mainzer Zeit vom Mittelalter bis zum Jahr 1814, das heißt bis zum Übergang der Stadt an das Königreich Bayern, und dabei handelt es sich ungefähr um 3000 Verzeichnungseinheiten. Diese waren ursprünglich in 186 Kartons verpackt. Da das Verpackungsmaterial säurehaltig ist, wird es im Laufe des Prozesses ausgetauscht. Meine Aufgabe ist zunächst zu erfassen: was ist genau in diesen Einheiten? Bisher lief das über einen Karteikasten, viele der Unterlagen sind dort aber nicht erfasst; und selbst wenn sie erfasst sind, ist es nicht sicher, ob diese dann auch vollständig hier sind. Leider ist auch die Beschreibung im Karteikasten oft nur sehr minimalistisch, zum Beispiel sind öfters viele Seiten nur als Akten betitelt, aber der Bestand ist natürlich im Detail deutlich umfangreicher. Da gibt es oft viele einzelne Untergliederungen, die man bei der Verzeichnung berücksichtigen kann und daher vergebe ich bei den größeren Sachen auch erst einen Obertitel und dann Titel für die einzelnen Untereinheiten.
Justyna Baumgart: Wie lange wird ihr Projekt dauern und liegen sie im Zeitplan?
Michael Schlachter: Das Projekt ist für neun Monate angesetzt und es sieht eigentlich ganz gut aus, es ist schon über die Hälfte der Verzeichnungseinheiten eingetragen, nach knapp drei Monaten. Bis Ende April möchte ich alles flach erfasst haben, nicht so flach wie im Karteikasten natürlich, aber bei dieser großen Menge ist es so schon deutlich aussagekräftiger. Später kann man dann ins Detail gehen, aber zurzeit wird der Prozess etwas verlangsamt, denn aktuell sind es hauptsächlich Tapetenmakulaturen, das heißt die Archivalien wurden im Schloss als Untergrund für Tapete verwendet, diese sind wegen Kleberresten teilweise sehr schlecht zu lesen. Oft sind das Rechnungsbücher, die für diesen Zweck zerschnitten wurden, diese muss man jetzt natürlich wieder sortieren. Ansonsten habe ich auch sehr viele Urkunden in diesem Bestand, viele davon wurden aber schon für andere Bestände herausgenommen, zum Beispiel für das Katharinen- und Elisabethen Hospital.
Justyna Baumgart: In welchem Zustand sind die Akten?
Michael Schlachter: Die Akten sind in einem verhältnismäßig guten Zustand, jedoch sind sie neben den Kleberresten teilweise mit Schimmel versetzt, das lässt sich oft gut erkennen, denn die Archivalien wurden in Kellern gefunden wo sie aufeinander gestapelt Feuchtigkeit ausgesetzt waren, dieser muss noch entfernt werden. Grundsätzlich sind die Urkunden alle sehr dreckig, dies lässt sich aber gut durch die Trockenreinigung entfernen, die Lesbarkeit ist aber nicht eingeschränkt. Ansonsten ist kein Schädlingsbefall zu erkennen.
Lars Löffler: Gab es denn schon besonders spannende oder bedeutsame Funde im Bestand?
Michael Schlachter: Für mich ist alles zur Jüdischen Geschichte sehr spannend, da ich aus diesem Bereich komme, vor dem Interview hatte ich zum Beispiel noch eine Akte mit sieben Blättern in der Hand die zwischen den Tapetenstücken lagen aber nicht als solche verwendet wurden. Darin wird der Kauf von einem Haus bei der Judenschule bzw. der Synagoge beschrieben, darauf ist ein hebräischer Vermerk vermutlich vom Käufer für sein persönliches Archiv. So etwas ist eher selten für ein Dokument vom Ende des 18. Jahrhunderts, denn spätestens ab dem 19. Jahrhundert verwenden die meisten Juden deutsche Schrift. Ein weiterer spannender Fund sind Reste eines vermutlich Miltenberger Gerichtsbuchs vom 14./15. Jahrhundert, diese sind meines Erachtens vollkommen unbekannt und natürlich schon alleine wegen des Alters, aber auch vom Inhalt her interessant. Obwohl es nur ein Fragment ist, lässt sich sehr viel aus den Klagen über den damaligen Alltag ableiten.
Auch habe ich erst kürzlich viel über den Dreißigjährigen Krieg in Bezug auf Aschaffenburg gefunden.
Justyna Baumgart und Lars Löffler: Vielen Dank für das Interview.
Tapetenmakulatur (Beispiel):
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