Die für die Stadt Graslitz (heute: Kraslice, Egerland/Tschechien) und die umliegenden 24 Gemeinden zusammengetragene Heimatsammlung ist in die fachliche Obhut der Sudetendeutschen Stiftung (München) übergegangen. Dort werden die musealen Objekte, darunter Gemälde, Zeichnungen, Stickereien, Schnitzereien und zahlreiche historische Musikinstrumente, in den Depots des neuen Sudetendeutschen Museums gelagert, während die schriftlichen Zeugnisse der Graslitzer Geschichte (Fotos, Dokumente, Briefe usw.) in das Sudetendeutsche Archiv am Bayerischen Hauptstaatsarchiv überführt werden.

Seit 1976 hatte sich die Sammlung des Heimatverbands der Graslitzer e.V. im Schönborner Hof in Aschaffenburg befunden. Einige ausgewählte Objekte verbleiben am bayerischen Untermain, unter anderem bei den Museen der Stadt sowie dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg.

In Graslitz hatte der Musikinstrumentenbau lange Zeit große Tradition – was sich auch in den Beständen des Gedenkraums widerspiegelt.

Seit dem Jahr 1958 hat die Stadt Aschaffenburg die Patenschaft über die im Jahr 1945 vertriebenen Graslitzer inne, wie Oberbürgermeister Jürgen Herzing betont: „Aschaffenburg hat den Heimatverband der Graslitzer seit Jahrzehnten gerne unterstützt und ihm die Räumlichkeiten im Schönborner Hof zur Verfügung gestellt. Auch nach der fachlich sinnvollen Verbringung nach München fühlt sich Aschaffenburg seiner Patenschaftsrolle weiter verbunden.“

Der Heimatverband der Graslitzer hatte sich zum Jahresende 2018 aufgelöst, war aber noch maßgeblich an der Überführung nach München beteiligt, wie Christine Uschek (Karlstein) unterstreicht: „Den Vertretern des Heimatverbands der Graslitzer e. V. war es wichtig, die umfangreiche Sammlung möglichst komplett in fachliche Hände zu geben. Dies ist mit Hilfe aller beteiligten Institutionen gelungen. Unser Dank gilt der Patenstadt Aschaffenburg mit ihren Oberhäuptern für die jahrzehntelange Unterstützung und Verbundenheit im Gedenken an die verlorene Heimat.“

Eric Leiderer, für das Stadt- und Stiftsarchiv zuständiger Bürgermeister, weist darauf hin, dass „die Objekte und Archivsammlungen der Graslitzer von München aus für Ausstellungen ausgeliehen werden können, beispielsweise auch nach Kraslice selbst. Die Archivsammlungen werden im Lesesaal des Bayerischen Hauptstaatsarchivs für Interessierte kostenfrei verfügbar sein.“

Die „Zentralisierung“ und Zusammenführung der zahlreichen sudetendeutschen Erinnerungsräume läuft schon seit einigen Jahren, getragen durch das im Bayerischen Hauptstaatsarchiv angesiedelte Sudetendeutsche Archiv sowie die Sudetendeutsche Stiftung. „Die Zusammenfassung in München bietet den großen Vorteil, dass auch übergreifende und überregionale Forschungsfragen zur sudetendeutschen bzw. deutsch-tschechischen Geschichte besser bearbeitet werden können“, führt Dr. Joachim Kemper, Direktor des Stadt- und Stiftsarchivs, aus. „Beiderseits der bayerisch-tschechischen Grenze ist mittlerweile viel Verständnis für die gemeinsame Vergangenheit vorhanden, was sich auch im seit vielen Jahren laufenden Projekt ‚Porta Fontium‘ des Freistaats Bayern mit Tschechien spiegelt.“

Ingrid Sauer vom Sudetendeutschen Archiv freut sich auf den Neuzugang: „Die Bestände des Graslitzer Gedenkraums stellen eine wertvolle Ergänzung zu den bereits hier vorhandenen Unterlagen dar. Damit wird die Forschung zu Graslitz erleichtert, da Interessierte alles in einem Haus verwenden können – vielen Dank der Stadt Aschaffenburg und dem Heimatkreis!“

Dr. Klaus Mohr von der Sudetendeutschen Stiftung nimmt die Sammlung in München „mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen“, wie er sagt: „Schade, dass der Gedenkraum aufgelöst werden musste, aber gut, dass die wertvollen Stücke nun einen dauerhaften Platz im Depot des Sudetendeutschen Museums gefunden haben. Sie werden hier neu inventarisiert und stehen dann für künftige Ausstellungen zur Verfügung.“