Von 1819 bis 1832 und 1844 bis 1910 befand sich in Aschaffenburg die zentrale Ausbildungsstätte für den höheren Forstdienst des Königreichs Bayern. Obwohl überschaubar an Zahl trug die Studentenschaft der Forstlichen Hochschule in dieser Zeit zur Bereicherung und Belebung des Sozial- und (durchaus doppeldeutig zu lesen) des Wirtschaftslebens in der Stadt bei. Organisiert waren sie überwiegend in den im „Aschaffenburger Senioren-Convent“ zusammengeschlossenen Corps Hubertia, Arminia und Hercynia, denen zwischen 1844 und 1910 rund zwei Drittel der Gesamtstudentenschaft angehörten. Die Verlegung der forstlichen Ausbildung und der Wegzug der Corps nach München im Sommer 1910 wurden von weiten Teilen der Aschaffenburger Bürgerschaft als kultureller und materieller Verlust wahrgenommen. Hochschule und Studenten blieben noch lange Teil kollektiver Erinnerung. Noch heute findet sich manche Spur im Stadtbild.
Der Vortrag widmet sich neben der Entstehung und Entwicklung der Forsthochschule besonders den drei Corps (und anderen studentischen Vereinigungen) und ihren Beziehungen zur Stadtgesellschaft
Zum Referenten: Dr. Florian Hoffmann (Stuttgart) studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Klassische Archäologie in Heidelberg, Gießen und Münster/Westf. sowie Archivwissenschaften an der FH Potsdam und ist seit 2016 Leiter des Stadtarchivs in Ditzingen, Lkr. Ludwigsburg. Seit 2007 verantwortet er außerdem Überlieferungsbildung und Erschließung der corpsstudentischen Archivbestände im Institut für Hochschulkunde an der Universität Würzburg.
12. Februar 2020, 19 Uhr, Storchennest am Schönborner Hof
Fotos: Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Gebäude der Forstlichen Hochschule, um 1905; Einweihung des Forstkandidaten-Denkmals am 7.10.1896
Bezeichnend für die Beziehung der drei Corps (und anderen studentischen Vereinigungen) zur Aschaffenburger Stadtgesellschaft ist u.a. der damals in Aschaffenburg gebräuchliche Neckname der Forststudenten.
Die an ihrer besonderen Festtracht (Couler), die wohl an Polnische Trachten erinnerte, erkennbaren Mitglieder wurden deswegen auch Forstpolacken genannt, wobei die Bezeichnung Polacke damals nicht so stark abwertend gemeint gewesen sein dürfte, wie etwa die heutige Bezeichnung Wasserpolacke.